Gestern eröffnete unsere Ausstellung Zwischen Petition und Rebellion – auf den Spuren des antikolonialen Widerstands in Kamerun zum ersten Mal im FEZ in Berlin. Hilaire Djoko vom Projektteam hielt eine Rede, die wir hier veröffentlichen.
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„Uns alle hier in diesem Raum verbindet eine gemeinsame Geschichte: Die koloniale Vergangenheit. Viele Menschen in Deutschland haben von dieser Geschichte aber noch nie etwas gehört: Deutschland hatte Kolonien? Aber doch nur ein paar wenige und eh nur ganz kurz, oder? Und Kamerun, wo soll das sein? Das sind Fragen, die man auch heute noch als Kameruner in Deutschland häufig gestellt bekommt.
Aber ja, Deutschland war Kolonialmacht und in Kamerun über dreißig Jahre präsent: Die koloniale Herrschaft der Deutschen in Kamerun zeichnete sich durch Zwangsarbeit, durch ökonomische Ausbeutung und Zerstörung von Gemeinden und Wissenssystemen aus. Wenn über die Kolonialzeit gesprochen wird, dann ist es aber nicht nur die Verharmlosung und Unwissenheit, die uns immer noch in unserer Arbeit begegnet. Häufig fehlt eine wichtige Perspektive in der historischen Auseinandersetzung mit Kolonialismus: Die Perspektive derjenigen, die den Kolonialismus erlebt, überlebt und sich ihm widersetzt haben.
Doch warum ist gerade diese Perspektive in der historisch-politischen Bildung besonders wichtig?
Bei historisch-politischer Bildung geht es nicht nur darum Informationen über Ereignisse, Namen und Daten zu vermitteln. Vielmehr sollen Lernende angeregt werden, dieses Wissen zu reflektieren und es mit ihrer Gegenwart und Zukunft zu verbinden. Strategien von Menschen kennenzulernen, die sich gegen das Unrechtssystem des Kolonialismus widersetzt haben kann dabei wegweisend sein: es zeigt wie lange schon Menschen sich kollektiv zusammenschließen um Unrecht zu bekämpfen und kann junge Menschen ermutigen sich demokratisch und widerständig gegen rechte Strömungen zu positionieren. Außerdem wird durch Geschichten des Widerstands ein Afrikabild vermittelt, dass mit dem rassistischen Bild bricht, dass in Deutschland gerne von Afrika gezeichnet wird: Ein Kontinent, der stagniert und handlungsunfähig ist. Die antikolonialen Strategien aber zeigen, Menschen haben zu allen Zeiten Widerstand geleistet und tun es auch heute noch.
Aus diesen Gründen arbeiten wir, die Initiative Perspektivwechsel, seit 2017 zu diesem Thema. Wir wollen mit jungen Menschen über Kolonialismus und dessen Erbe ins Gespräch kommen und das stets aus der Perspektive von Menschen, die das koloniale System und seine Mechanismen hinterfragt haben und immer noch hinterfragen. Die Ausstellung „Zwischen Petition und Rebellion“ ist hier ein weiterer Baustein für unserer Arbeit. Basierend auf unserem Comic erzählt unsere Ausstellung die Geschichte von Douala Manga Bell, der Anlu-Rebellion und Essama. Jede Geschichte spielt in einer anderen zeitlichen Epoche und in einem anderen sozialen und kulturellen Milieu.
Für die Entstehung des Comics haben wir viele historische Quellen gewälzt und auf Basis dessen Comicgeschichten geschrieben. Einige Charaktere in den Comics sind fiktiv andere nicht – das wichtigste aber: die historischen Fakten stimmen. Auf Basis unserer Skripte und zum Teil mit Hilfe von originalen Fotos haben mehrere Comiczeichner in Kamerun dann die Bilder gezeichnet.
Die Ausstellung zeigt Ausschnitte aus unserem Comic, aber und wird durch Audio- und Videos sowie einige interaktive Elemente bei denen die Besucher*innen zum mitmachen angeregt sind, ergänzt.
Wir freuen uns sehr, dass unsere erste Station dieser Wanderausstellung heute im FEZ beginnt und bedanken uns beim FEZ für diese Möglichkeit. Außerdem möchten wir uns bei allen bedanken, die an der Umsetzung der Ausstellung beteiligt waren, vor allem bei Golnar Mehboubi und Marion Reis für die tolle Grafik!“