Widerstand
Drei Generationen antikolonialer Protest in Kamerun
Mit drei Comic-Reportagen aus unterschiedlichen zeitlichen Epochen erzählen wir vom kolonialen Erbe in Kamerun.
Ob Wirtschaft, Bildung, Kultur oder Sprache: Koloniale Herrschaft zeichnete sich durch die gewaltsame Umstrukturierung quasi aller Lebensbereiche aus. Die Nachwirkungen dieser Kolonialpolitiken sind in den Ländern des Globalen Südens bis heute spürbar. Doch so alt wie die europäische Expansion ist, ist auch der Widerstand dagegen.
Wir stellen drei antikoloniale Kämpfe aus Kamerun vor. Sie erzählen von Kolonialismus aus der Perspektive der Menschen, die sich gegen ihn wehr(t)en und machen das Ausmaß rassistischer Kolonialpolitik Deutschlands (1884 – 1919), Frankreichs (1919 – 1960) und Großbritanniens (1919 – 1960) in Kamerun deutlich.
Der König Rudolf Duala Manga Bell ist einer der bekanntesten Figuren des antikolonialen Widerstands in Kamerun. Er wurde im Jahr 1873 im Raum Duala (heute: Douala) geboren. Die Duala pflegten lange gute Beziehungen nach Deutschland. Bell selbst ging in Aalen zur Schule, lebte in der Zeit bei einer deutschen Gastfamilie.
Doch ab 1902 wendet sich das Blatt. Beschränkte sich die deutsche Kolonialpolitik bis dahin überwiegend auf die Ausbeutung von Ressourcen wollen die Deutschen das Gebiet der Duala unter ihre Kontrolle bringen. Es beginnt eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen dem jungen König Bell und den Kolonialverwaltern, die auch im Deutschen Reichstag thematisiert wird. Bell wehrte sich vor allem gegen die rassistische Umsiedlungspolitik der deutschen Kolonialmacht in der Hafenstadt Douala.
Unsere zweite Geschichte führt uns in den Nordwesten Kameruns, wo am Vorabend der Unabhängigkeit des Landes tausende Frauen gemeinsam gegen neue Landwirtschaftsgesetze und die Verdrängung ihrer traditionellen Lebensweise durch die Kolonialpolitik der Briten protestierten.
Während des mehrjährigen Protestes dominierten sie in vielen Teilen des Königreichs Kom immer wieder das Dorfgeschehen. Sie organisierten sich in Dorfräten und unterstützten ihre Aktivitäten gegenseitig. Dafür benutzten sie auch Strategien des traditionellen Strafinstrumentes Anlu. Der Ritus hatte in der präkolonialen Zeit eine Vielzahl von wichtigen Funktionen: Er sollte zum einen den Schutz, die Würde und die Autorität der Frauen sicher stellen. Er sicherte aber auch die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung und die Reproduktion der Kom-Gesellschaft.
Seit 2013 setzt sich der Aktivist André Blaise Essama für die Abschaffung von Statuen und Straßennamen ehemaliger französischer Kolonialherren ein. Diese gehören in kamerunischen Großstädten nach wie vor zum Stadtbild. Stattdessen möchte Essama Orte schaffen, die an antikoloniale Kämpfer*innen erinnern.
In unserem Comic erzählen wir wie er von der Bevölkerung wahrgenommen wird. Hatte er bislang vor allem Relikte aus der Kolonialzeit angeprangert, zerstörte er 2016 die zeitgenössische Kunstinstallation der französischen Künstlerin Sylvie Blocher in Douala. Die Aktion Essamas war das Topthema auf allen Kanälen. Wie soll mit dem kolonialen Erbe in Kameruns Städten umgegangen werden? Wie soll daran erinnert werden?
Essama selbst hat sich die De-Kolonisierung der Städte zur Lebensaufgabe gemacht. Mit seinen Aktionen stößt er den Diskurs zur Gestaltung des öffentlichen Raums an. Er sagt: „Wir müssen zuvor unsere eigene Geschichte bearbeiten, unseren eigenen Ikonen Raum in der Stadt geben bevor wir internationale Künstler ausstellen.“
Dieses Projekt wurde mit den beiden kamerunischen Zeichnern Franky Mindja und Daniel Assako (Negro Illustrator) realisiert.